Er, der Kurt, muss dort gewesen sein. Und zwar bevor er 1929 seinen Sprachführer „Deutsch für Amerikaner“ schrieb. Legendär seine Sätze gleich zu Beginn wie
„Ankunft: Eingang verboten, Ausgang verboten, Durchgang verboten“
Aber sein
„Werfen Sie das häßliche Kind weg, gnädige Frau; ich mache Ihnen ein neues, ein viel schöneres“
kann er nur nach dem Besuch der Uffizien in Florenz erdacht haben. Denn mehr hässliche Kinder auf Bildern habe ich noch nie gesehen:

Ist doch grausam, oder? In einem medizinischen Lehrbuch wäre das ein Beispiel für irgendeine genetische Deformation.
Hier noch ein paar:






Ein einigermaßen witziges war dabei:

Und das einzig halbwegs natürliche Abbild ist von Leonardo da Vinci (das Vinci, wo wir gestern waren), und dieses Bild ist ein Unvollendetes (deswegen keine Farbe):

In den Uffizien hängen halt viele Bilder, die die Medici damals zusammengerafft haben (hatten ja Kohle ohne Ende, durch Textilhandel, Banken, Mord und Totschlag), und zu dieser Zeit (so 13xx bis 16xx) wurden halt nur Szenen aus der Bibel (schlecht) gemalt. Nun kennt man mich nicht als erfahrenen Kunsthistoriker und Kenner der Malerei, aber es ist für mich bei Bildern wie beim Wein: Er muss schmecken = das Bild muss gefallen.
Und wenn schon keine Maria mit Kind gemalt wurde, dann waren es Portraits. Und die genauso schlecht:

Glubschaugen, bei denen man an alte Agatha Christie Filme denkt, durch die der Mörder verborgen in der Wand sein Opfer ausspäht, aufgeblasene Lippen lange bevor Botox in Mode kam, und Schnurrbärte, die sowas von aufgeklebt aussehen. Und diese Nasen! Ist das eine Knollennasen-Inzucht-Familie? Also, hätte ich das damals in Auftrag gegeben und das sollte meine Familie zeigen, ich hätte den Maler in mein entferntesten Castillio in den tiefsten Kerker gesteckt und ihm ein paar Jahrzehnte Zeit gegeben, entweder sein Handwerk zu verbessern, oder über seine Berufswahl nachzudenken.
Also echt.
Das es besser geht (und aus der gleichen Zeit!) habe ich dann ein Bild weiter gesehen:

Ich weiß leider nicht mehr, von dem das hier ist, aber das sieht doch deutlich natürlicher aus, oder?
Und was gab es sonst in den Uffizien?

Erstmal viele Leute. Über 2 Millionen gehen da jedes Jahr hin.
Tolle Flure:

War ja ursprünglich als Bürogebäude geplant (1560), aber schon der nächste Medici-Sohn hat dort dann lieber seine Bildersammlung untergebracht (wer braucht schon Büros für die Verwaltung).
Viele Statuen, die meisten Replikas von alten griechischen und römischen Vorbildern:

Jeder Maler in der italienischen Renaissance muss angesichts der Details und Naturtreue dieser Figuren eigentlich seinen Pinsel an die Wand gehängt haben (hat er aber nicht, wie oben zu sehen)

Und natürlich Michelangelos David (hier als Kopie, das Original steht in einem anderen Museum mit nochmal vielen Stunden anstehen für Tickets), aus dem Jahre 1501 (da haben die Glubschaugenmaler eigentlich schon sehen können, wie man es richtig macht)

Das absolute Meisterwerk der Abbildung männlicher Schönheit war jedoch nur ganz kurz dort zu sehen:

Ansonsten ist Florenz abseits der Touristenströme (und wir haben Mitte Mai, wie es hier im Sommer aussieht mag ich mir nicht vorstellen wollen) recht „pitoresk“ (wie der Reiseführer es nannte).




Wir haben nicht getestet, ob es hier wirklich den besten Kebab in ganz Florenz gibt, aber das Marketing ist selbstbewusst.
Was wirklich gut ist (weltbest sei dahingestellt) ist das Eis in der berühmten Eisdiele „Vivoli“. Hier wurde (so geht die Legende) zu Medici-Zeiten das „Gelato“ erfunden: Caterina de Medici (1519-1589) hatte den Franzosenkönig geheiratet, und bevor sie nach Frankreich zu ihrem Mann umzog, schrieb sie einen Wettbewerb aus für das „sonderbarste Gericht, das je erfunden wurde“ (die Italiener trauten der französischen Küche nicht und sie wollte mit was Heimischen in Frankreich angeben), und ein Geflügelhändler hat mit seinem „Gelato“ den Löffel gewonnen.

Und noch ein paar bekannte Highlights:

Natürlich die Brücke mit den vielen Schmuckhändlern:

Eine der ältesten Segmentbogenbrücken der Welt, und ursprünglich arbeiteten in den Geschäften dort Schlachter und Gerber, die ihren Müll in den Fluss warfen, aber den Medici (mal wieder) stank es zu sehr, und so verfügte der Medici-Cosimo (der, der die Uffizien hat bauen lassen), nur Goldschmiede dort zuzulassen. So ist das bis heute.
Wir haben dann noch ein sehr lustiges Café gefunden und eine Pause eingelegt:

Am Ende waren es 21.000 Schritte (und 8 Stunden) durch die Uffizien und durch Florenz.
Puuh.
Auf dem Heimweg sind wir dann eher zufällig (ich wollte eigentlich eine Abkürzung fahren) auf ein sehr gutes Restaurant (La Cantinetta di Rignana) gestoßen. Die Anfahrt wäre ein Grund für einen Münchner BMX X5 Fahrer, stolz den Allradantrieb einzulegen, beim Winzer-Benz flackerte das Traktionskontrolle-Symbol recht hektisch.
Das Restaurant liegt sehr einsam in den Hügeln und bot fantastisches Essen.

Mit eigenem Wein und Olivenöl

Das war ein langer Tag, mit einem wirklich tollen Abschluss.
Endlich mal ein Florenzführung die ich auch verstehe.👍🏻
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Ihr habt ja echt Pech mit dem Wetter. Aber solange ihr noch den Benz habt und kein Schlauchboot wie im Osten ……genießt die Zeit. Nicht vergessen: Siena/ Le Lodge.
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Der kommt auch, na, von wem?
Entwirf deinen Reiseplan im großen – und laß im einzelnen dich von der bunten Stunde treiben. Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an!
Kurt Tucholsky (1890-1935), dt. Schriftsteller
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