Resümee

Was am Ende bleibt zu sagen:

Gegend

Wir hatten die hochalpinen Westalpen („Route des Grandes Alpes“), bis auf 2800 Meter hoch, und die westlichen Anfänge der Alpen bis zum Vercors. Beeindruckend war alles, doch das Vercors ist echt der Hammer. Wer immer diese Gegend gebaut hat, er hat, wie einst Slartibartfast für die norwegischen Fjorde, auch einen Preis verdient. Und die Straßenbauer in dieser Gegend ebenfalls. Wer mag, kann in einem Tag nach Grenoble fahren und dann ein paar Tage lang dieses Vercors erkunden. Auch wenn im September ohnehin nicht mehr so viel los ist, so waren doch ab Nizza, also nach den Hochalpen, die kleinen Straßen sehr einsam. Gefühlt 80 oder 90 Prozent der Straßen ohne Mittelstreifen, teilweise auf Stunden kaum mehr als 50 Meter geradeaus, also nur Schräglage links oder rechts. Der Straßenbelag in unterschiedlichster Qualität, da galt es durchaus auch mal aufzupassen.

Die kleinen Dörfer unterwegs wirkten, wie das bei kleinen Dörfern so ist, oftmals unbelebt, aber eine Boulangerie oder einen kleinen Markt fand sich eigentlich überall. Viel Landschaft, viel Landwirtschaft, aber mal ehrlich: So viel Tiere auf Weiden sieht man hierzulande nicht mehr oft. Pferde auf der Koppel, ohne dass ein Reitstall für Hobbyreiter dabei ist, Esel. Ziegen, Schafe, und Kühe in allen möglichen Farben (nur in Lila habe ich keine gesehen). Die ganze Gegend ist komplett mit Bergen vollgestellt, dazwischen enge Täler und schmale Straßen, die sich am Fels entlangklammern. Danach wirkt der Schwarzwald wirklich wie ein müder Versuch.

Maschine

Mit dem Motorrad ist auch immer die Technik präsent, mit der man sich durch die Gegend bewegt. Der sportliche Aspekt, die Schräglage, das Rausbeschleunigen, die Vibrationen, halt alles, was Motorradfahren ausmacht. Ich habe mich meist bergauf auf die Straße und also auf die Maschine konzentriert, und bergab auf die Landschaft. Und gleichwohl ich nach den Dolomiten mit dem Raptor etwas Bedenken hatte, ob mit 60 PS und einem Eisenhaufen an den Passrampen gleich viel Spaß zu finden ist, so konnte ich diese Bedenken schnell einpacken. Klar, die AfricaTwin zerrt nicht so rasant aus der Kehre, und hinein in die Kehre braucht sie deutlich mehr Motivation. Aber als ich mich daran gewöhnt hatte, durch sehr deutliche Signale über den Lenker die Maschine flüssig von links nach rechts zu bewegen, ging es auch ganz flott und dann und wann bis auf die Fußrasten hinab. Paul der Hufschmied war mit seinen 50% Mehr-PS nicht schneller bergauf, er musste halt nur den Hahn nicht immer bis zum Anschlag spannen. Aber so ab 4.500 Umdrehungen kommt der V2 der AfricaTwin auch schon aus dem Quark, also wirklich vermisst habe ich ein paar PS nicht sehr oft.

Bis auf ein leichtes Blubbern und Sprotzeln im Kühlsystem der Triumph Tiger gab es keinerlei technische Probleme, und das auch nur zweimal bei langsamen Passfahrten. An der AfricaTwin hat mich die hintere Bremse nicht richtig überzeugt. Paul der Hufschmied meint, die am Tag vor der Reise eingebauten Billig-Bremsbeläge vom einschlägigen Discounter seien halt nicht die erste Wahl, vielleicht doch mal die original Ersatzteile probieren.

Das einzige technische Problem war die völlige Inkompatibilität der Navi-Systeme: Eine noch so eng gesteckte Route verläuft auf dem TomTom ganz anders als auf dem Garmin. 50 Kilometer Streckenunterschied und auch mal 3 Stunden Differenz in der Ankunftszeit waren nicht selten. Alle Optionen durchprobiert, der Grund für die Unterschiede war nicht zu ermitteln und also auch nicht zu lösen. Ich habe aber auch schon gehört, dass auf zwei gleichen Garmins mit dem gleichen Karten eine Route unterschiedlich berechnet wird. Also das birgt immer leichte Überraschungen.

Mensch

Zu zweit ist ja noch nicht so richtig eine „Gruppe“, aber ich glaube, mehr als drei wird anstrengend. Paul der Hufschmied war mit meinem Tempo, gerade bergauf, ganz zufrieden und trottete mit etwas Abstand hinterher, bergab war er flotter und wenn ihm danach war, ist er auch davon gedüst. Aber vom Grundsatz her harmonierte das Tempo, die Leidensfähigkeit, und das Bedürfnis nach Pause. Wir waren nicht auf der Flucht, aber im Schnitt zwischen 6 und 7 Stunden netto im Sattel, das will nicht jeder. Kein Gepienze bei der Hotelauswahl oder beim Essen, Einigkeit bei der Anzahl der Biere und der Abfahrtszeit, eine einzige Harmoniesoße. Ich denke, das ist hilfreich auf so einer Tour, denn unterm Strich ist es schon anstrengend. Und da braucht niemand anstrengende Mitfahrer.

Die nächste gemeinsame Tour ist schon geplant…

Statistik

DatumKilometerFahrzeitPauseUnterwegs
Donnerstag, 17. September 202064208:3501:4510:20
Freitag, 18. September 202033606:3501:5008:25
Samstag, 19. September 202021005:0002:2507:25
Sonntag, 20. September 202029006:3002:4509:15
Montag, 21. September 202037006:5002:3009:20
Dienstag, 22. September 202029606:0002:1008:10
Mittwoch, 23. September 202031206:1002:4008:50
Donnerstag, 24. September 202052207:4502:2010:05
Freitag, 25. September 202029503:1000:2003:30
3.273 Kilometer auf 9 Fahrtage, insgesamt 56,5 Stunden im Sattel.

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Avatar von P.Hufschmied P.Hufschmied sagt:

    Dann wäre vielleicht noch zu sagen….

    Wir waren wohl fast die letzten in den Westalpen, Vercors und Jura und haben dann zu Schluss das Licht ausgemacht und mit einem fulminanten Ausstieg aus einer atemberaubenden Hochpass-Straße die Saison dort beendet.
    Während der Tour hat sich bei mir ein alter Motown- Titel von Marvin Gaye im Kopf manifestiert der wohl die Gegend und das Gefühl beim Anblick dieser monumentalen Erdverwerfungen gut beschreibt.

    Oh baby there ain’t no mountain high enough,
    Ain’t no valley low enough,
    Ain’t no river wide enough
    To keep me from getting to you babe ….

    Das „babe“ ist in diesem Falle der Platzhalter für mein Tigerchen gewesen….

    Bleibt noch anzumerken dass mein Tourmanager hier ganze Arbeit abgeliefert hat, denn letztendlich haben wir die Highlights auf diese Strecke fast alle mitgenommen.
    Dafür gibt´s mal eine 1+ für den Leif.

    Peace on you & ride on !

    P.H.

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  2. Avatar von Andreas Andreas sagt:

    Hallo ihr beiden,
    Ain‘t no mountain high enough von Marvin Gaye kenne ich natürlich und kann das sehr gut nachvollziehen. Ihr habt eine großartige Zeit gehabt und auch tolle Fotos für uns geschossen. Super Berichte übrigens auch.
    Würde mich freuen, wenn wir uns mal wieder treffen. Wer ist denn Tigerchen?

    Auf bald mal wieder, Andreas

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    1. Avatar von elchot2011 elchot2011 sagt:

      „Tigerchen“ = Triumph Tiger 800 XC

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