Marokko in Albanien

Ich habe ja schon einige Analogien zu anderen Regionen gezogen,  aber dass ich heute in der Früh an Marokko erinnert würde, hätte ich nicht gedacht. Ein breites Tal, hoch aufregende Felswände links und rechts, Schicht auf Schicht,  nur halt nicht rot/braun, sondern weiß/grau.

Eine absolut phantastische Straße zog durch das Gebirge, kaum Verkehr,  sensationeller Belag. Eine Stunde vom Feinsten.

Und bei bestem Wetter.

Am Ende der Straße traf ich an einer Tankstelle die beiden Enduristen wieder, die gestern ins gleiche Hotel kamen. Ordentliches Gerät dabei (KTM 690 und Husky 701), auf dem Weg den TET und ACT auf dem Balkan abzufahren.

Bei der Fahrt durch Shkodaer kamen auch Erinnerungen an Marokko hoch: Einzelhändler, die ihr gesamtes Angebot (Kettensägen, Klopapier, Katzenstreu etc.) auf dem Gehweg ausbreiten, dunkle Männer (nur ohne Zipfelmützen) in zahllosen Cafés an kleinen Tassen nippend (vermutlich Kaffee), Müll im Straßengraben, halbfertige Häuser, chaotischer Verkehr (in Agadir ging es gesitteter zu), auf dem Land Ziegenherden auf der Straße,  von alten Frauen bewacht. Und warm war es auch.

Die berühmte Strecke in das touristisch erfolgreiche Kaff „Teth“ ist aufwärts angeblich sehr gut ausgebaut, die südliche Abfahrt bei Offroadern sehr beliebt. Ich schwankte ob ich es probieren soll oder nicht, die eine Hälfte der Youtube-Videos riet ab, auf den anderen sah es harmlos aus. So einigte ich mich auf einen Kompromiss: auf Straße hoch, dieses beliebte Kaff anschauen,  und auf Straße zurück. Habe ja Zeit,  abends bin ich vor der Koman-Fähre schon eingebucht, und für Offroad ist Tornado nun mal nicht die erste Wahl.

Aber selten habe ich mich so aufgeregt wie über diese 50 Kilometer in die Berge. Myriaden von Touristen unterwegs, auf einer 1,5 Autos-breite-Straße, natürlich auch Wohnmobile und die kleinen Touri-Büsschen, deren Fahrer wohl selbst aus der Taxi-Innung wegen zu grober Fahrweise rausgeflogen sind. Der Randstreifen so tief, dass beim Ausweichen des Gegenverkehrs kein Auto da runter wollte. Und dann halt Millimeterarbeit, die meisten hatten den linken Seitenspiegel schon eingeklappt. Und so kurvig, dass die Autos recht langsam fuhren, um nicht alle 10 Minuten den Beifahrer aus dem Fenster kotzen zu lassen. Überholen nur mit viel Hupe und Gewalt möglich. Zwischendrin Badewannen-große (und ebenso tiefe) Schlaglöcher. Kehren schlimmer wie am Stilfser Joch.

Und der Blick sah auch aus wie in den Dolomiten.

Da hat wohl ein Straßenplaner ewige Rache an Touristen geschworen und umgesetzt, weil seine Frau mit einem niederländischen Wohnmobilfahrer durchgebrannt ist. Einfach einen halben Meter schmaler asphaltieren als eigentlich Platz ist, fertig ist die Rache.

Diese Strecke ist keine Empfehlung. Ich beneidete die beiden Jungs, die entspannt und ohne Verkehr die 40 Kilometer die Südroute runterschotterten.

Aber der Straßenbauingenieur hatte noch besseres auf Lager.

Gibt ja noch ein anderes weit bekanntes touristisches Highlight,  ganz in der Nähe: der Koman-Stausee mit einer 3 stündigen Fährfahrt. Hatte ich ja gestern spontan gebucht, weil es so schön sein soll.

Nur die Straße bis dahin…. 1.5 Stunden eine völlig zerschossen, wellige, rumpelige, teils grobschottrige, größtenteils verschlaglochte „Straße“ durch die Berge. Ich stand mehr in den Rasten als wenn ich von Teth die Südroute offroad gefahren wäre. Die Fähre fährt morgens von Koman nach Fierze, und gegen Mittag von dort wieder zurück. So kamen mir dann die ganzen Touristenbusse entgegen, die die Tagesausflügler wieder an die Küste brachten. Und die Wohnmobile. Und die Auto-Touristen. Die Straße war zwar breit genug, aber auch so breit, dass sich die Autos gegenseitig überholen mussten, und ich…ich mach dann ja keinen Platz. Zweimal stand ich Auge in Auge mit so einem Touri gegenüber, der Verkehr staute sich, rangieren,  entschuldigen,  und meine Hupe. Beim dritten Mal hat mich ein junger Kerl tatsächlich beim Überholen zu spät gesehen (oder er dachte, ich mach Platz und fahre rechts ins Geröll), ist dann voll in die Eisen und ich habe dann doch einen kleinen Schwenk nach rechts gemacht und den linken Daumen nur kurz von der Hupe genommen,  um mir der Faust seinen Rückspiegel abzuschlagen. Leider habe ich dann kurz die Balance verloren (war halt zu langsam) und bin umgekippt. Der arme Kerl dachte, er hätte mich umgefahren,  kam sich laut entschuldigend auf mich zu, seine Freundin heulte als habe sie erfahren, dass er fremd geht, und ich habe den Kerl natürlich noch ordentlich amgeschrieen („murder!murder!“) und die Reste seines Rückspiegels in die Schlucht geworfen. Die Freundin heulte und schimpfte (wahrscheinlich ist er schon die ganze Strecke so riskant gefahren), ich brüllte, der Kerl war am Ende. Dann habe ich gesagt, er soll mir beim Aufheben helfen, ja, mir geht’s gut, mir ist nix passiert, Tornado hat am linken Koffer eine neue feine Gravur. Dann bin ich etwas entspannter weitergefahren,  mein Beitrag zur lokalen Verkehrserziehung war erledigt.

Nur den Straßenbauer muss ich noch in die Finger bekommen… Leute, ein Viertel der Wirtschaftsleistung kommt vom Tourismus, keine einzelne Branche bringt mehr, da könnt ihr doch mal Profis an den Straßenbau lassen. Eine Sackgassenstraße wie heute früh (die Straße endet an der Grenze zu Montenegro) ausbauen wie den Sachsenring, aber die Touri-Wege völlig ruinös zurücklassen. Irgendwas kann ich da nicht verstehen.

Stiefelbier

Die Tagesstatistik:

Mal sehen wie es morgen auf der anderen Seite des Sees aussieht….

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