Marokko finde ich ja schon lange Klasse, landschaftlich abwechslungsreich und spannend und überhaupt. Zweimal dort Rallye gefahren, und auch schon Offroad mit dem Raptor dort unterwegs gewesen. Und da fragt mich doch der Reiseveranstalter (Endurado), ob ich nicht mal eine Straßentour in Marokko scouten möchte, die dann ins Programm aufgenommen wird. Und da frag ich meine liebste Sozia (und mittlerweile „Tornante-Königin„), ob sie nicht mal nach Marokko will. Und so wurden alle Fragen mit „Ja“ beantwortet.
Nun ist es ja so, dass ich zwar schon ein paar Mal dort war, aber halt immer Offroad, nicht der kleinste touristisch wertvolle Spot (bewusst) angefahren. Schotter, Schotter, Berge, Wüste, Sand. Das wars. Aber der potentielle Kunde für so eine Tour, die ausnahmslos auf Straße gefahren werden soll, und möglicherweise erst recht die potentielle Sozia, haben da etwas andere Interessen. Fotostopps, Besichtigungen, Kaffeepausen, ausgefallene Hotels, und die Zeit dazwischen sehr entspannt auf dem Motorrad verbringen und den Blick umherschweifen lassen (was ja auf einer Enduro im schottrigen, steilen und engen Bergpass nicht das Mittel der Wahl ist, um heil anzukommen).
Also Reiseführer bestellt (empfehlenswert, aber aufgrund der kleinen Schrift kaum lesbar: „Marokko“ von Astrid und Erika Därr aus dem Reise Know How Verlag), das Internet leer gegoogelt, ein paar Tipps abgeholt, andere Tourbeschreibungen durchgelesen, eigene Interessen eingebaut und im Laufe von mehreren Wochen eine Tour geplant.

Wir haben ja Glück, dass die Endurado-Touren in Marokko immer in Marrakesch starten, es also keine lange Anreise auf Achse gibt, oder ab Spanien mit Fähre und dann im Norden von Marokko rumgurken. Wir können „in der Mitte“ starten, nach Norden und nach Süden. Die gezeigte Route ist nicht die finale Kundentour, denn beim Scouting muss man ja ein paar Sachen ausprobieren, deswegen sind das jetzt auch nicht 14 Tage, sondern 20 (davon 15 Fahrtage). Und 4.100 Kilometer, und nicht (geplant) 3.600 km.
Zur Durchführung kommt naturgemäß nur der „Tornado“ in Betracht, da er ja extra für Touren zu zweit mit Gepäck angeschafft wurde. Achja, Gepäck: Im Gegensatz zur Kundentour ist kein Begleitfahrzeug dabei, was die Koffer transportiert, wir müssen alles für diese knapp 3 Wochen am Motorrad transportieren. Also jeder einen Seitenkoffer. Ein bisschen was ins Topcase, aber da muss Platz gelassen werden für Einkäufe unterwegs (Wein, Bier, ggf. Essen) und Werkzeug.

Das mit den Seitenkoffern ist eine tolle Sache, als ich allein damit in den Dolomiten war, hatte ich alles dabei was ich dabei haben wollte. Aber nun auf 50% der Ladekapazität beschränken, das ist sportlich. Die original Innentaschen gibt es zwar nicht mehr, aber nahezu passende Taschen aus dem Zubehör. Und die sahen auf einmal echt klein aus. Also mal wieder Auswahl aller Notwendigkeiten nach „Packmaß“. Angefangen von kleinen Zahnpastatuben über in kleinste Plastikflaschen abgefüllte Shampoos etc. über massive Reduktion der Klamotten, Funktionsshirts etc. Das ganze wurde nicht einfacher durch die Vielzahl der zu erwartenden klimatischen Bedingungen: Es geht bis auf 3000 Meter hoch, also grob gerechnet Temperaturunterschiede von 25 Grad. Ist es unten 26 Grad, können oben zarte 1 Grad warten. Sind es unten 35 Grad, dann angenehme maifrische 10 Grad oben. Aber schon zwischen 1 und 10 Grad sind es (ja, genau) 9 Grad Unterschied, die schon einen Unterschied beim Wohlfühlen bedeuten können. Wie dafür Klamotten auswählen? (die Regenkombi muss ja ohnehin unabhängig von den Temperaturen mit)
Im Grunde also Vorkehrungen für 1-35 Grad treffen. Das geht nur mit maximalen „Zwiebelprinzip“. So muss noch mindestens eine Windbreaker-Jacke mit, die zur Not unter die Textilkombi passt (für die Sozia zwei Jacken, da sie nach langen Überlegungen mit der luftigen Sommer-Motorradjacke fährt, denn es gilt ja auch für 35 Grad gerüstet zu sein). Nun, es wurde also klein-geshoppt, bis alles in die Seitentaschen passte.
Das Motorrad bekam auch ein bisschen Pflege: Da war zuallererst der Reifen. Die Tour ist zwar auf Asphalt, aber erfahrungsgemäß kann schon die Einfahrt auf den Hotelparkplatz grob geschottert sein, Baustellen unterwegs ziehen sich auch mal über Kilometer, und da wird halt erwartet, dass die Verkehrsteilnehmer Staub, Sand und Schotter bewältigen können. Die Wahl fiel auf einen sehr leicht stolligen Standardreifen (Pirelli Scorpion STR):

Hier auf dem Foto auch schön zu sehen die neue Kette (extra-strong und extra-teuer). Die neuen Ölfilter und das neue Öl zum Glück nicht sichtbar. Dann mussten noch zwei kleine Kühlerschläuche gewechselt werden, die Batterie hatte über den Winter ein wenig Schwäche gezeigt und wurde auch getauscht. Was kann noch kaputt gehen unterwegs? Radlager zerbröseln gerne fernab der Heimat, also die auch noch getauscht (und wären, lt. Statistik von Varahannes, ohnehin bald dran gewesen). Und sonst noch? Naturgemäß können viele andere Defekte auftreten, aber was mit wenig finanziellen Aufwand und platzsparend mitgenommen werden kann sind Ersatzhebel (Kupplung und Bremse, falls das Motorrad mal in die stabile Seitenlage fällt) sowie Ersatzzüge für Kupplung und Gas. Dazu kommt Reifen-Pannenspray, Kompressor, Auswahl an Werkzeug (wichtig: Achsmutterschlüsseln zum Ausbau der Räder im Falle eines Platten), Kabelbinder und Panzer-Tape, Klettbänder, 2-Komponenten-Metallkleber, ein halber Liter Öl (wobei ich nicht glaube, dass ich nachfüllen muss, aber in Marokko ist Motorrad-Motoröl schwer zu bekommen). Der Kettenöler ist aufgefüllt, das sollte reichen. Bremsbeläge reichen noch für die nächsten 10.000 Kilometer. Habe ich in der Vorsorge was vergessen? Klar, eine Benzinpumpe oder Lichtmaschine hätte ich auch gerne dabei, aber diese Ersatzteile haben hinreichend ungünstiges Packmaß. Ich bin aber recht zuversichtlich, die letzten knapp 20.000 Kilometer, die ich mit ihr nun gefahren bin, waren pannentechnisch gesehen sehr unauffällig, und einige Verbesserungen habe ich ja schon nach dem Kauf vorgenommen (eben den Kettenöler, Garmin-Navi-Halterung, Griffheizung, neues Federbein, neue Gabelfedern etc.)
Dann ging es an die Planung der einzelnen Strecken und der Hotels. So Mammutetappen von 450 Kilometer, wie sie andere Reiseanbieter im Programm haben, galt es zu vermeiden. Am Ende bin ich bei einem Tagesschnitt von 270 Kilometer gelandet, das sollte entspannt genug sein. In den Städten gibt es hinreichende Hotelauswahl, aber schon die Recherche, wie viele Zimmer insgesamt verfügbar sind, zeigt, dass etliche Hotels so maximal 5 oder 6 Zimmer haben. Das wäre für die Kundentour zu klein. Und dann war der Auftrag, nicht über booking oder so zu buchen, sondern direkt bei den Hotels, und die Zahlungsbedingung festzulegen auf „vor Ort“, keine Anzahlung. Hotelplattformen bieten eine gute Übersicht über tolle Hotels (und helfen bei der Bewertung anhand der Kundenrezensionen), dann müssen diese aber im Internet gesucht werden, Kontakt-Email-Adresse rausfinden (manche Hotels waren nur in Facebook zu kontaktieren, andere nur über WhatsApp), und dann anschreiben. Standardfrage „Gibt es sichere Motorradparkplätze?“ (schränkt die Auswahl auch ein), und auch „Schenken Sie Alkohol aus? „(auch eher selten, weil teure Lizenz, aber alle haben kein Problem wenn man seine Flasche Wein mit zu Essen bringt), „Wie gut ist die Internetverbindung?“ (von Glasfaser über 4G-Router alles dabei, aber wir brauchen auf der Scouting-Tour gutes Internet, weil wir beide unsere Arbeits-Laptops dabei haben). Manche reagieren am gleichen Tag, andere nach 2 Wochen. Gerade im eher ländlichen Raum sinkt naturgemäß die Auswahl und der Standard. Es wird eine spannende Bandbreite an Hotels, die ich nach mehreren Wochen Recherche und Email-Diskussionen zusammen hatte. Gerade mal EIN Hotel ist dabei, in dem Endurado schon länger auf der Offroad-Tour absteigt, ansonsten kreuzen sich unsere Wege nicht. Denn was bewerten Kunden am Ende einer solchen Tour als erstes? „Gute Hotels“ oder „Schlechte Hotels“, das ist immer das erste. Wie schön die Strecken, wie lecker das Essen, wie toll die Landschaft, das kommt in der Bewertung immer erst nach der Hotelbewertung. Unterwegs bei jeder Mittagspause werden wir die Toiletten „testen“, denn auch das fällt sehr schnell dem eher westlichen Standard gewohnten Touristen unangenehm auf (zusätzlich zur Sauberkeit der Hotel-Badezimmer, was ja auch immer ein gern gesehener Kritikpunkt ist).
Nun, wie ich (denke ich) hinreichend darlegen konnte, ist die Planung und Hotelauswahl (bis runter zur Auswahl der Mittagspausen-Restaurants) nicht zu vergleichen mit einer privaten Motorrad-Tour, hier gilt immer der Blickwinkel einer Kundentour. Wie gut diese Vorbereitung war, wird sich vor Ort zeigen.
Dann kam der Tag, an dem Endurado nach Marokko zur Offroad-Tour aufbrach und mein Motorrad mitnahm, das ich dann in einer Woche unten in Marrakesch auf dem Hotelparkplatz wiedersehen werden.

Aufladen des Gepäcks der Offroad-Tour-Kunden, meine 4 Taschen (die Seitenkoffer und das Topcase sind alle in Taschen verpackt, damit sie beim Transport nicht zerkratzen…).


Und dann zog der Zug in der Früh davon:

Ein paar Tage später ist der Trupp und mein Motorrad (und die anderen natürlich auch) glücklich in Marrakesch gelandet:

Nach Plan sehen wir uns am Ende unserer Tour in Marrakesch wieder, da Endurado dann auch die zweite Offroad-Tour (die machen zwei Touren hintereinander) beendet. Dazwischen liegen aufregende knapp 3 Wochen, über 4000 Kilometer und wahrscheinlich eine Menge kleiner (und hoffentlich keiner großen) Abenteuer.
