Wir hatte in zwei Tagen Heimfahrt und Abends bei der Zwischenübernachtung genügend Zeit, verschiedene Bewertungen zu unterschiedlichen Aspekten dieser „Reise“ zu besprechen. Mein ganz persönliches Résumé:
Offroad fahren
Also, das war auf alle Fälle das Schwierigste und Härteste, was ich bislang gefahren bin (und das war nicht viel), aber auch die anderen, die schon seit 40 Jahren Offroad fahren, sehen das sehr ähnlich. Es gab verschiedenste Untergründe, von breiten Schotterpisten, die ich mit 90 langdüsen konnte, bis zum grausamen 20 Kilometer steinigen steilen Aufstieg am ersten Tag. Dazwischen Waldwege, matschige Passagen, Single-Trails, alte Römerstraßen, Grobschotter, Wiese, Flussbett, ach was weiß ich noch alles.







Die Lernkurve war sehr steil, ich konnte in unserer Gruppe sehr gut mithalten, bin bis auf den ersten Tag nicht mehr gestürzt, und fühlte mich technisch recht sicher. Um bei den „Racern“ mitfahren zu können fehlt naturgemäß noch sehr viel Erfahrung, aber auch die Motivation. Geschwindigkeit ist kein Wert an sich, für mich stand und steht „Sicher“ und „Spaß“ im Vordergrund, und nicht „Schnell“.
Technik
Ich bin immer noch begeistert von der KTM 690 Enduro. Hier auf dieser Veranstaltung gibt es zwar noch leichtere, aber auch deutlich mehr schwerere Motorräder. Die 200-plus Kilo Zweizylinder zu bewegen erfordert deutlich mehr Technik und Kraft, da bleibe ich bei dem Raptor-Einzylinder für solche Veranstaltungen. Die KTM hat gut durchgehalten, ein paar Schrammen und ein verbogenes Bremspedal, aber ansonsten ist diesmal keine eine Schraube abgefallen, was bei diesem Gerüttel eher verwunderlich war.

Das Fahrwerk begeistert mich immer wieder (wobei ich den Vergleich zu anderen nicht kenne), und die Reifen (Michelin Tracker) ebenso. So spurtreu habe ich noch keinen Reifen erlebt, gerade vorne war immer darauf Verlass, dass das Rad in die Richtung geht, die ich mir vorgenommen habe. Die Traktion hinten war genauso super, steil und ruppig bedeutete nur mehr Gas, es ging immer voran. Für solche Veranstaltungen werde ich mir wieder diese Reifen aufziehen.
Am Navigationssystem Garmin GPSMap 276cx habe ich eine neue Funktionen kennengelernt: Dass man neben einem Track noch andere Tracks gleichzeitig anzeigen lassen kann. Das ist hilfreich, um die Lite-Tracks für einen Tag auch zu sehen und so den Abzweig in den Lite-Track nicht verpasst. Und eine große Schwäche: Garmin (und zwar alle Garmins) zeigen bei einem Track nicht die RICHTUNG an. Und da wir ja Kreise gefahren sind, war jeden morgen die Frage: Unten an der Straße rechts oder links? Jede App kann das, aber Garmin nicht. Echt frech.
Veranstaltung
Seit 7 Jahren wird diese Veranstaltung durchgeführt, von 15 Teilnehmern bis nun 400 ist sie gewachsen. Dieses Wachstum hat die Organisation nicht vollständig mitgemacht. Für 390 Männer 4 Toiletten und zwei Dixi-Klos, das ist schon grenzwertig (wobei die 4 Toiletten für 10 Frauen wohl ausgereicht haben). Der „Campground“ ist ein geschotterter Parkplatz, leicht schräg, auf den die Sonne knallt, und Bus and Bus steht dort alles dicht gedrängt. Wir hatten Glück, da wir sehr früh dort waren, und konnten uns einen halbwegs schattigen Platz am Skilift sichern. Ich glaube, der Veranstalter wird beim nächsten Mal die Anzahl wieder etwas reduzieren.




Ansonsten war der Service mit 2 Offroad-Krankenwagen und 4 Abschleppern gut und fast ausreichend, nur am ersten Tag sind die Bergungsfahrzeuge bis in den Morgengrauen unterwegs gewesen. Die Rallye-Ärzte haben nach der Versorgung auch Abends noch Kontrollbesuche gemacht, sehr aufmerksam. Der Chef der Veranstaltung war im Grunde immer ansprechbar und blieb ruhig und freundlich und lies sich Zeit für Fragen oder Sorgen, sehr professionell. Die abendlichen Briefings waren nicht immer sehr hilfreich, eine genauere Beschreibung dessen, was einen erwartet, wäre bessere gewesen. Genauso hätte ich mir im Vorfeld eine Streckenbeschreibung pro Tag gewünscht, um vorher besser vorbereitet zu sein auf das, was kam. So war der Horroranstieg an Tag 1 im Briefing nahezu unerwähnt, einen Aufstieg an Tag 2 wurde so dramatisiert, das wir mit zittrigen Knien darauf zugefahren sind und am Ende waren es eine Lachnummer.

Land und Leute
Wir waren ja schon in Kroatien und Slowenien unterwegs, aber die Region rund um Kupres in Bosnien-Herzegowina war echt eindrucksvoll und abwechslungsreich. Wälder, karge Hochebenen, schattige Täler, kühlende Seen, Wiesen, da war alles dabei. Immer wieder stand man da und staunte über die Landschaft.





Dass das Land nicht in der EU ist, merkt man schon beim Grenzübertritt, und dann auf jedem Meter. Kaum Gewerbegebiete oder gar Industrie (außerhalb der wenigen Städte), viele verfallene Häuser, nur rudimentäre touristische Infrastruktur an tollen Locations. Stattdessen vielfach sichtbar die ethnischen Spannungen: Hier „kroatische Bosnier“, dort „serbische Bosnier“, in jedem Dorf irgendeine andere Fahne eines „Stammes“, übermalte Straßenschilder, in Restaurants Portraits großer Krieger, die mal gegen die Osmanen gekämpft haben. Minarette, Kirchen, goldene Kuppeln der Orthodoxen, hier ist echtes Durcheinander und Nebeneinander und leider auch Gegeneinander. Nun, dies (und vieles anderes) müssen die Bosnier noch alles in den Griff bekommen, ehe sie als Beitrittskandidat gehandelt werden.

Die Menschen, die wir getroffen haben, waren alle sehr hilfsbereit und freundlich.

Bei fast jeder Gelegenheit im Supermarkt oder im Restaurant fand sich ein Deutsch sprechender Bosnier, der seine Hilfe angeboten hat, oder interessiert gefragt hat, was wir hier machen. Wir hörten oft, „meine Eltern sind in den 70ern nach Deutschland, ich mach hier Heimaturlaub“ oder „habe 20 Jahre in Düsseldorf gearbeitet“, da scheint es vielfache Verbindungen zu geben. Das Personal im Hotel war auch immer freundlich, immer ein nettes Lächeln, ich hatte das Gefühl, die haben sich über diesen Rummel im „toten“ Hochsommer (ist ja ein Skigebiet) gefreut.

Besonders der „Run on Kupres“ als Auftakt am Sonntag war eindrucksvoll:

400 Motorräder im Stadtpark, und der Bürgermeister des 6000 Einwohner Städtchens hält eine Rede und freut sich, auf den Balkonen standen die Einwohner und winkten und filmten. Hier undenkbar.

Also, Land und Leute eine echte positive Überraschung.
Gruppendynamik
Wir waren eine Gruppe von 12 bis 15 Leuten (einige kamen nur „zu Besuch“ und fuhren nicht die Tracks),

hauptsächlich aus dem Kreis der Motorradkumpels von Markus und Endurado-Kunden. Im Camp war die Stimmung weitestgehend super, wir haben dreimal gegrillt und gemeinsam gegessen,





es hat aber auch nicht geschadet, dass zwei Ehefrauen von Mitfahrern dabei waren und da und dort sehr aktiv mitgeholfen haben. Naturgemäß sind bei einem Dutzend Männer in diesem Alter nicht alle immer der gleichen Meinung und haben unterschiedliche Toleranzen, aber es hat doch erstaunlich gut funktioniert. Ich denke, diese Gruppierung wird sich in ähnlicher Zusammensetzung zu anderen Veranstaltungen wieder finden.
