In die Toskana fährt man ja auch, um den legendären Chianti zu trinken. Und die Unterschiede der einzelnen Einteilungen zu lernen. (Chianti, Chianti Classico, Chianti Classico Reserva, Chianti Classico Gran Selezione, Brunello di Montalcino etc.)
Eins vorweg: Als Trinker französischer Rotweine ab Supermarkt-Klasse war ich wohl ein bisschen verwöhnt. So waren die Chiantis, die wir im Supermarkt gekauft haben (und die billigsten für 12 Euro!), fast ausnahmslos Reinfälle. Gerade mal eben so trinkbar, aber gar nicht unsere Geschmacksrichtung. Liegt vielleicht (oder sicher) eben auch an der Traube:
Der „Chianti“ ohne „Classico“ kommt aus einem größeren Umkreis als der „Chianti Classico“ (der nur aus der Gegend hier). Mindestens 80% Sangiovese-Traube, mindestens 9 Monate im Fass gereift, Riserva mindestens 24 Monate (+ 3 Monate in der Flasche), „Gran Selezione“ 30 Monate Fassreife (und auch 3 Monate Flasche). Der gesamte Produktionsprozess wird recht aufwändig und genau protokolliert, daher die Banderole auf der Flasche mit einem „DOCG“-Siegel (und deswegen auch bisserl teurer als unsere Franzosen-Supermarkt-Weine).
Nun ist einerseits die Sangiovese-Traube keine recht „einfache“ Traube (säurig, hoher Tanningehalt, sperrig beim Keltern, instabil), und 10% andere Trauben (Merlot, Cabernet Sauvignon etc.) machen ihn „trinkbarer“, und das Holzfass ist auch nicht jedermanns Geschmack. Der „Brunello“ aus Montalcino ist 100% Sangiovese, und auch nur von den Hügeln rund um „Montalcino“. Da gibt es halt nicht viele Hänge. Das macht ihn teurer. Und ohne die Beimischung von fruchtigeren Trauben macht ihn das auch nicht, nun, süffiger.

Wir waren in Montalcino bei einem Weinhändler und haben viel Geld für ein Tasting ausgegeben:

Von 39 über 52 bis 69 Euro PRO Flasche. Was soll ich sagen? Bei dem für 69 hätte ich, wüsste ich den Preis nicht, die Flasche zurückgegeben und gesagt, der ist umgekippt. Der für 52 war, nun, trinkbar, aber ohne großen Erkenntnisgewinn, der „billigste“ für 39 Euro war sehr hart. Ich war wirklich kaufwillig, aber das ging echt nicht.
Also, bei mir bleibt hängen: „Brunello ist total überschätzt“. Sollen ihn die Amerikaner im Touri-Paket kaufen (wie sie es dort massenhaft taten), wir sind ohne Mitbringsel wieder weg.
Abends waren wir in der „Stiefel-Bier-Bar“ zum Pizza-Essen, und dort wurde uns eine Flasche eines lokalen Weinguts empfohlen:

Und was soll ich sagen? Uns beiden schmeckte er auf Anhieb so gut (liegt vielleicht auch an den 10% Merlot), dass wir nach dem Essen in der Enoteca unten im Dorf eingekehrt sind und dort noch eine Flasche tranken.
Dieser Laden ist echt nett, gutes Essen und erstaunlich gute Musik, die leider etwas leise aus einer fetten Sonos über dem Weinschrank erschallte. Hätte meine Playlist sein können. Wie hilfreich, dass mir vorher die nette Bedienung das WLAN Passwort verriet (Handy-Empfang gleich Null), und mit meiner Sonos-App konnte ich die Lautstärke der Box dann entsprechend anpassen.
Ein Tag später sind wir zum Weingut „Le Fonti“ (Luftlinie 400 Meter von unserem Castillo) und haben eingekauft.

Sehr nette Lokation (sind nur 45.000 Flaschen im Jahr, und nicht 1 oder mehr Millionen wie bei dem Baccia mit seinem Dackel):





Wie der Zufall und das Leben so spielt, gibt es hier alles auf engstem Raum: In der Enoteca haben wir die nette Bedienung kennengelernt, die aus Heidelberg kommt und vor ihrem Studium der Kunst (oder Archäologie, da ist sie sich noch nicht sicher) ein bisschen arbeitet, und diese junge Frau war letztes Jahr in diesem Weingut bei der Lese beschäftigt, weil ihre Eltern gute Kunden des Weinguts sind, das seinerseits in den 90-ern von einem Deutschen gekauft wurde (weil er in Frankreich kein passendes für kleines Geld gefunden hat), und bei der Lese hat die Bedienung sich in den Sohn der aktuelle Besitzerin (die Tochter des Weingutkäufers) verliebt, der seinerseits in der Stiefel-Bier-Bar arbeitet.
Alles mitbekommen? Egal, halt alles klein hier.
Und wir haben endlich Wein für Zuhause.
P.S.: wenn wir bei Getränken sind: hier hat JEDER Cappuccino geschmeckt, die Preise zwischen 1,20 und 1,70 (bis auf die 6 Euro in der Cafeteria in den Uffizien), und NIEMALS wurde Kakaopulver drüber gestreut! Nicht ein Mal. Also was soll der Mist bei uns mit dem Gestreusel?