Ein Tag in einem Café in Zaragoza (oder: Deppengebühr)

Der große Tag: auf zur KTM Werkstatt nach Zaragoza (oder auch: Saragossa. Notiz: Nachlesen, warum viele Städtenamen in verschiedenen Sprachen unterschiedlich geschrieben werden).

Aufbruch um 7 in der Früh, ohne Frühstück, ohne Kaffee. Bei frischen 17 Grad eine Stunde gefahren, bis die Sonne sich über die Berge bemüht hatte und etwas Wärme aus dem Rückspiegel strahlte (wir fuhren ja nach Westen). Dann noch eine Stunde Autobahn, um Viertel nach 9 an der Werkstatt.

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Der Cheffe zierte sich etwas, ja, nur eine Stunde Zeit sei vereinbart, eine Systemprüfung könne gemacht werden, und falls was erkennbar defekt sei, dann erst mañana. Und überhaupt, wo sind die Fahrzeugpapiere.

Hüstel, räusper. Ich war mir sicher, ich hatte den KFZ-Schein unter die Sitzbank geklebt, so wie bei der AfricaTwin und der Yamaha auch. Aber da war er nicht. Hatte ich ihn doch zuhause vergessen? Nun, so sagte ich es zumindest. Ja aber im KTM System stehe ich nicht als Besitzer, da könne er nix machen. Erst mit den richtigen Anworten auf deren Ratespiel (ob ich „Dörr“ kenne, na klar, der KTM Händler meines Vertrauens, was ich da im letzten Jahr habe machen lassen, na die 10.000 Kilometer Inspektion. Ok, bestanden). Eine erste Systemanalyse (1.5 Stunden): alles gut. Einspritzanlage, Zündkerzen, der Fehler im Fehlerspeicher war das mit dem Seitenständer. HmHm, Kompression zu niedrig. Oje, das könne alles sein. Nockenwelle ein Grad verrutscht, Ventil eingelaufen, Kipphebel gebrochen, Kolbenring abgesprengt. Da kann er erst am Nachmittag dran. So gegen 5 sollen wir wiederkommen.

Also ich als Sozius beim Hufschmied auf die Tiger drauf, tausend Tode gestorben als er am Navi rumspielte und wir mit 90 in die Autobahnausfahrt jagten, wo 40 angeschlagen war. Jetzt weiß ich, wie sich „in die Kurve hineinbremsen“ von hinten aus betrachtet anfühlt.

An der berühmten Kathedrale von Zaragoza haben wir geparkt und ein Café aufgesucht.

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Nach zwei Stunden sind wir einmal um den Block gelaufen, haben uns im Schatten versorgt,

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..und sind nochmal für ein paar Stunden ins gleiche Café. Ehrlicherweise war es langweilig, aber das Goya Museum nur 75 Meter um die Ecke übte einen noch geringeren Reiz aus als stundenlang im Café zu sitzen, Touristen zu beobachten, Powernapping zu betreiben und ab und zu belanglose Sätze zu wechseln.

Gegen 17 Uhr sind wir zurück zur Werkstatt und haben gewartet.

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Tja, so der Mechaniker (Rodriguez), die Nockenwelle stimmt, nur etwas Staub im Ansaugtrakt, Ventile ok.

Er könne nix finden und baut alles wieder zusammen.

Schade. Hm. Doch Kolbenring? Aber sprengt es den mit einem Satz weg? Beim Hochdrehen hat es ja kurz einen Ruck gegeben, dann ging der Motor fast aus, zog nur sehr schwer wieder an, es pfiff sogar aus dem Luftfilter so komisch, und erst nach einer Pause fuhr sie wieder, aber eben reduziert. Rätsel über Rätsel.

Dann kam der Cheffe zu uns raus: Sie hätten die Fahrzeugpapiere gefunden, ich hätte sie wohl nicht vergessen.

Auf der Unterseite des Luftfilterkastens steckten sie im Ansaugstutzen fest, in eine schwarzen Hülle versteckt. Und da kam die Erinnerung wieder hoch, so diffus und unangenehm wie beim Katerfrühstück die letzte Stunde einer versoffenen Nacht: Da war doch was. Na klar, die Sitzbank der KTM ist nicht abschließbar, da wollte ich den KFZ-Schein nicht einfach so drunter kleben sondern besonders schlau sein. Wer schraubt schon den Luftfilterkasten ab und schaut da drunter? Eben, super Versteck. Aber Panzerband/Gaffertape oder wie es auch immer genannt wird, kann sich bei Hitze schon mal lösen, bei 40 Grad Außentemperatur (und der Luftfilter ist seiner Natur nach recht nah am Motor) und *schlürf* saugte es mein super versteckten KFZ-Schein in den Ansaugkanal und verstopfte ihn recht ordentlich. Ohne Luft keine Leistung.

280 Euro für 5 Stunden am Motorrad schrauben (wenigstens habe ich neue Zündkerzen), 400 Kilometer Autobahn, 7 Stunden im Café abgehangen, erst abends um 21 Uhr wieder zurück in unserer Stammkneipe (und auf der Rückfahrt einen tollen Sonnenuntergang im Rückspiegel). Und mich mit dieser Aktion zum absoluten Volldeppen gemacht. Alles wegen einer offensichtlich nicht ganz so guten Idee (zur Ehrenrettung des einzigen anwesenden Ingenieurs: Paul der Hufschmied wollte direkt nach dem Vorfall erstmal den Luftfilter prüfen, aber auch er hat den Luftfilterkasten nicht umgedreht. Dann hätten wir es gesehen).

Da sind die etwas zerknüttelten Fahrzeugpapiere, frisch aus dem Ansaugtrakt gefummelt. Best dressed Volldepp.

Die Nummer werde ich nie wieder los.

4 Kommentare Gib deinen ab

  1. Avatar von Andreas Andreas sagt:

    Geile Story 😅

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  2. Im Falle eines Falles, klebt Gaffa wirklich Alles! OLE,OLE,OLE,OLEEEEE,

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  3. Komm mir NIE wieder mit Benzinhahn ….

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  4. Avatar von Joe Joe sagt:

    Die Story hat mir ein lautes Lachen entlockt. Erinnert mich an die vielen Super Verstecke, die einem manchmal auch zu Hause einfallen und die man nur wieder durch Zufall entdeckt.

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